Dass bei den Einladungen zur Feierlichkeit anlässlich des 70-jährigen Jubiläums von Baden-Württemberg der badische Landesteil vergessen wurde, veranlasste mich, Ministerpräsident Kretschmann einen Brief zu schreiben:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
ich schreibe Ihnen heute, weil ich Ihnen gerne eine Einladung in meinen Wahlkreis Rastatt aussprechen möchte. Rastatt gilt als einer der demokratieprägenden Orte unseres Landes und hat definitiv mehr zu bieten als badischen Wein.
Wie viele meiner Abgeordnetenkollegen aus dem badischen Landesteil finde ich es bedenklich, wie die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten zu 70 Jahre Baden-Württemberg getroffen wurden. Die Tatsache, dass man den badischen Teil nicht in die Feierlichkeiten einbezogen hat, wird nur dadurch übertroffen, dass auch hinterher kein Wort des Bedauerns darüber verloren wurde.
Am 12.04.2022 betonten Sie in Ihrer Regierungspressekonferenz, Baden sei in Baden-Württemberg aufgegangen. Zudem fällt Ihnen als Besonderheit des badischen Landesteils zunächst der Wein ein. Weinbau genießt in Baden eine lange Tradition und kann mit vortrefflichen Weinen punkten. Aber die Menschen hier können weit mehr als Weinbau. Aus ihrer Geschichte leiten sie eine stolze Tradition ab, überzeugen durch Kreativität und herausragende Leistungen in vielen Bereichen. Gerade der Geburtstag unseres Landes sollte doch dazu führen, dass wir uns unserer Wurzeln bewusst sind. Diese liegen eben auch in der badischen Geschichte. Mit der badischen Revolution verbindet sich bis heute unser aller Demokratie und Verfassungsgeschichte.
Gerade in unserer Erinnerungskultur wird allzu oft die badische Sicht vergessen. Neben 1848/49 wäre es beispielsweise wünschenswert, wenn das Land an Ludwig Marum an herausragender Stelle erinnern würde. Bis heute sind es vornehmlich kleine Initiativen, die an Ludwig Marums Einsatz für Freiheit und Demokratie erinnern. Der Antisemitismusbeauftrage des Landes, Dr. Blume, mahnte bereits 2018 an, dass das Ehepaar Marum eine zentrale Würdigung bisher nicht erfahren hat.
Ich schreibe Ihnen diese Zeilen, weil diese Frage weit mehr als eine kleine Posse ist. Wenn wir gemeinsam den Geburtstag unseres schönen Landes feiern wollen, dann sollten wir an seine Geschichte und deren Erinnerung anknüpfen.
Baden-Württemberg ist weit mehr als der Großraum Stuttgart. Das Jubiläum alleine mit schwäbischem Brauchtum zu verknüpfen, ist das falsche Signal.
Da nicht nur mich diese Ignoranz empört, sondern auch die badische Landesvereinigung, etliche Abgeordnete aus Baden jedweder Couleur und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger unseres ganzen Landes, sollten Sie das Thema näher in den Blickpunkt rücken und nicht leichtfertig abtun.
Meine Einladung nach Rastatt – selbstverständlich gerne mit einem Glas badischen Wein abgerundet – spreche ich Ihnen an dieser Stelle gerne nochmals aus.
Mit freundlichen Grüßen
Jonas Weber MdL